Konstantin Pott (FDP):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte vor meinem eigentlichen Redebeitrag nur kurz auf eine Sache eingehen. - Lieber Kollege Siegmund von der AfD, Sie haben so ein bisschen das erzählt, was Sie immer erzählen: Wir haben zu wenig, wir haben zu wenig davon und hiervon. Wenn man sich einfach einmal die Zahlen anguckt, dann stellt man fest, das stimmt gar nicht. Wir beschäftigen aktuell so viele Ärzte wie noch nie in Deutschland. Das sind Fakten. Das sind Zahlen.

(Zuruf von Daniel Rausch, AfD - Weitere Zurufe von der AfD)

Wenn Sie, Herr Rausch, sich mit dem Thema beschäftigen würden, wüssten Sie, woran es liegt, dass wir trotzdem teilweise Probleme in der Versorgung haben:

(Daniel Rausch, AfD, nickt) 

Weil inzwischen andere Anforderungen an die Beschäftigung gestellt werden und es mehr Ärzte gibt, die in Teilzeit arbeiten, es mehr Ärzte gibt, die nebenbei noch andere Tätigkeiten ausüben. 

(Ulrich Siegmund, AfD: Ja!)

Da müssen wir doch ansetzen. Das müssen wir aufgreifen.

(Beifall bei der FDP) 

Aber immer nur zu sagen, wir haben zu wenig Ärzte, also schaffen wir jetzt einfach neue Studienplätze, was auch immer erforderlich ist, damit lösen wir das Problem“, das stimmt nicht; es ist eine absolute Nebelkerze, die Sie da immer wieder zünden.

(Daniel Rausch, AfD: Das liegt doch an den Abrechungsmodalitäten mit den Krankenkassen! Das Thema verschweigen Sie immer! - Zuruf von Guido Kosmehl, FDP - Unruhe)

Um die Gesundheitsversorgung im Land sicherzustellen, müssen wir neue Wege gehen. Dazu brauchen wir neue Ideen und Konzepte, die den Herausforderungen gerecht werden. 

Ich möchte meinen Redebeitrag daher zweiteilen, zum einen auf den Punkt „Beqisa“ und Pflege im Quartier, zum anderen auf die neuen Konzepte eingehen. 

Pflege ist vielseitig. Es gibt nicht nur die ambulante oder die stationäre professionalisierte Pflege, sondern es gibt auch die pflegenden Angehörigen.

(Zuruf: Super!)

Die müssen wir, glaube ich, bei neuen Konzepten viel stärker in den Fokus nehmen. An der Stelle, weil sie den größten Teil ausmachen und häufig unter dem Radar laufen, möchte ich mich bei allen pflegenden Angehörigen bedanken, die einen großen Anteil daran haben, dass die Pflege sichergestellt wird.

(Beifall bei der FDP)

Durch den demografischen Wandel werden wir in Zukunft immer stärker in die Situation kommen, dass es eine stärkere Nachfrage nach professionalisierter Pflege geben wird, sie aber nicht durch den Fachkräftenachwuchs komplett gedeckt werden kann. Deshalb brauchen wir eben die neuen Ideen und Konzepte. Hier greift die Beratungsstelle zur Quartiersentwicklung in Sachsen-Anhalt, kurz „Beqisa“, an. 

Pflegebedürftige Menschen haben in den meisten Fällen den Wunsch, so lange wie möglich in der eigenen Umgebung wohnen zu bleiben. Hierbei müssen die pflegenden Angehörigen als eine Säule im Fokus stehen und unterstützt werden. Durch die Unterstützung von Initiativen vor Ort, die es gibt, kann dem Wunsch, möglichst lange zu Hause wohnen zu bleiben, besser nachgekommen werden. 

Umso wichtiger ist es auch, dass das flächendeckend ausgebaut wird; denn gerade in den ländlichen Regionen brauchen wir solche Anstrengungen. Im Übrigen ist es auch absolut richtig, da immer individuell zu schauen, weil die Voraussetzungen vor Ort unterschiedlich sind. Ich glaube, da ist es der richtige Weg, mit den Kommunen gemeinsam auch zuschauen, wie mögliche Wege aussehen können. 

Der zweite Punkt bzw. der zweite Antrag ist der Wettbewerbsvorschlag, sage ich einmal, der GRÜNEN. Und ja, auch in der Gesundheitsvorsorge brauchen wir eben innovative und neue Modelle. Auf die Gründe, weshalb wir die brauchen, bin ich bereits eingegangen. Für uns ist klar, dass wir flexiblere, mobilere und vor allem auch digitale Lösungen brauchen, um die Versorgung sicherzustellen.

Es ist deutlich geworden - das auch im Ausschuss  , dass es bereits jetzt viele interessante Konzepte gibt, die auch in Teilen vor Ort gut funktionieren. Mein Ansatz ist dabei, dass wir schauen, welche Ideen und Konzepte wir ausprobieren können in den Regionen, in denen das sinnvoll ist; denn nur so kann geschaut werden, welche Modelle sich am Ende durchsetzen und dann auch den gewünschten Effekt erzielen.

Sie möchten dazu jetzt einen Wettbewerb zu innovativen Modellen in der Gesundheitsversorgung. Ich frage mich ernsthaft, welche Probleme wir damit wirklich lösen. Ich glaube, das Ziel, das Sie haben, ist prinzipiell sehr lobenswert, kann aber nicht über solch einen Wettbewerb realisiert werden. Und - auch das ist ein Punkt in Ihrem Antrag, den man kritisieren muss  : Sie gehen gar nicht darauf ein, wie die Kriterien sein sollen, nach denen solch ein Wettbewerb ablaufen soll bzw. nach denen die Preisträger ausgewählt werden. Ich glaube, wir müssen eher schauen, was die Gründe dafür sind, weswegen Projekte nicht umgesetzt werden, was es da teilweise an rechtlichen Hürden gibt, was es an finanziellen Hürden gibt. Aber: Da müssen wir ansetzen, auch damit sie dann langfristig bestehen und sich auch selbst tragen können.

(Zustimmung bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sowohl die Pflege als auch die Gesundheitsversorgung brauchen neue Konzepte. Die Stärkung von Vor-Ort-Initiativen und -Projekten ist dabei ein guter Ansatz, um Pflegebedürftigen ein langes Leben in gewohnter Umgebung zu ermöglichen. Wir stimmen deswegen unserem Antrag mit den Koalitionsfraktionen zu. Den Ideenwettbewerb der GRÜNEN lehnen wir ab. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Es gibt eine Frage von Herrn Siegmund. Wollen Sie sie beantworten? - Jawohl, sie wollen die beantworten. - Herr Siegmund, Sie können die Frage stellen.


Ulrich Siegmund (AfD):

Vielen Dank, Herr Gallert. - Herr Kollege Pott, Sie haben mir vorgehalten, dass ich kritisiert habe, dass wir mehr Ärzte möchten. Das muss ich unbedingt klarstellen, weil es einfach völlig an der Realität vorbeigeht. - Erster Punkt.


Konstantin Pott (FDP):

Nein, das habe ich nicht gesagt.


Ulrich Siegmund (AfD):

Seit Jahrzehnten war es mathematische Gewissheit, wie sich unsere Gesellschaft weiterentwickelt. Nur weil man mehr Ärzte hat, heißt es doch nicht, dass man die nicht alle braucht. Wir brauchen eigentlich - rein statistisch - noch viel mehr, ganz einfach, weil diese Gesellschaft überaltert ist und ein älterer Mensch ganz einfach statistisch häufiger zum Arzt geht. Das heißt, ich wusste vor zehn oder 20 Jahren schon, dass ich einfach quantitativ mehr Ärzte brauche, unabhängig von ihrer Produktivität. Was Sie hier aufgeführt haben, ist ja noch ein zweites Problem. 

Natürlich hat sich die Lebenslage geändert. Viele sind in Teilzeit etc. Aber das ist ein gesellschaftliches Phänomen. Sie wollen mir doch jetzt nicht erzählen, dass Sie als FDP den Ärzten vorschreiben wollen, wie lange und wie sie zu arbeiten haben. Diese Partei der Freiheit gibt es nämlich nur bei der AfD. Deswegen brauchen wir mehr Ärzte, 

(Zurufe: Ach was! - So ein Quatsch! - Zuruf von der AfD: Ja! - Unruhe)

um genau dieses Delta auszugleichen. Das ist einfach Mathematik, Herr Pott. 

(Beifall bei der AfD)

Auf das dritte Argument, das ich vorgebracht habe, sind Sie gar nicht eingegangen. Die politischen Rahmenbedingungen schaffen doch einen Anreiz für Ärzte. Wenn deutsche gut qualifizierte Ärzte, die wir mit unserem Steuergeld ausgebildet haben, zu Tausenden in die Schweiz, nach Norwegen gehen, wenn Sie aus der Politik Ärzte aus Kamerun oder von sonst wo herholen und sagen, das ist die Lösung; wir sind eure Retter, indem wir Ärzte vom anderen Ende der Welt hierher holen, dann stimmt einfach irgendetwas nicht

(Anne-Marie Keding, CDU: Nö! Ohne die würde es doch nicht funktionieren! - Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Das hat z. B. Frau Dr. Pähle gesagt. Sie hat sich auch bei den ausländischen Ärzten im Dessauer Krankenhaus bedankt und hat geäußert, ohne die würde es nicht funktionieren. - Natürlich! Weil Sie die Ärzte abwandern lassen. 

(Guido Kosmehl, FDP: Was ist das für ein Quatsch! Ach was! - Anne-Marie Keding, CDU: Das ist doch kein zweiter Redebeitrag!)

Dann würde das ganze Ding rund werden. Das gehört alles zur Wahrheit dazu. Das verschweigen Sie. 

(Unruhe bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP - Anne-Marie Keding, CDU: Was ist denn hier die Frage? - Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

- Eigentlich hatte ich gar keine Frage. Ich wollte es nur klarstellen,

(Unruhe)

weil es hier völlig verzerrt wird. 

(Beifall bei der AfD - Zurufe von der CDU, von der SPD und von der AfD - Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie können auf die nicht gestellte Frage antworten, Herr Pott. 

(Unruhe)


Konstantin Pott (FDP):

Ein paar Sachen muss ich hier klarstellen. Sie haben mir offensichtlich nicht richtig zugehört.

(Zuruf von der AfD: Ach was!)

Was ich kritisiert habe, ist, dass Sie immer wieder behaupten, wir hätten zu wenig Ärzte und das wäre das einzige Problem, das wir haben.

(Zurufe von der AfD - Guido Kosmehl, FDP: Nebelkerze! - Zurufe von Siegmund, AfD, und von Anne-Marie Keding, CDU)

Das stimmt schlicht und einfach nicht. Das habe ich in meinem Redebeitrag deutlich gemacht. 

(Zuruf von AfD: Kommen Sie zum Punkt!)

Das war der erste Punkt. 

Der zweite Punkt: ausländische Ärzte.

(Zuruf von der AfD: Jawohl!)

Da haben Sie mir jetzt etwas in den Mund gelegt, was ich überhaupt nicht gesagt habe.

(Ulrich Siegmund, AfD: Doch!)

Sie unterstellen mir, hier etwas gesagt zu haben. Ich möchte, dass Sie im Nachgang mit dem Protokoll belegen, wo ich hier in meinem Redebeitrag irgendwelche Aussagen zu ausländischen Ärzten getätigt habe.

(Oliver Kirchner, AfD: Sie sind darauf eingegangen! Sie leiden unter Sinnerfassungsstörungen! Bitte!)

Bringen Sie Ihre Anmerkungen an die Stellen an, wo sie das gehört haben. Damit müssen Sie mich jetzt hier nicht beschäftigen. 

(Beifall und Unruhe bei der AfD)

Der dritte Punkt. Natürlich möchte ich nicht Ärzte dazu verpflichten, mehr zu arbeiten.

(Anne-Marie Keding, CDU: Ja!)

Aber es gibt Möglichkeiten, wie man Anreize schaffen kann. 

(Zuruf: Ach was!)

Und: Wir sind die Partei, die sich immer auf die Seite der niedergelassenen Ärzte gestellt hat.

(Zuruf von Thomas Korell, AfD)

Die haben ein massives Problem mit viel Bürokratie. Die haben ein massives Problem damit, dass es Dinge im Digitalisierungsbereich gibt, die nicht funktionieren.

(Zuruf von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)

Da müssen wir ansetzen, um die niedergelassenen Ärzte zu unterstützen. Dann kommen wir auch ein ganzes Stück weiter, 

(Zustimmung bei der FDP)

um die medizinische Versorgung im Land sicherzustellen. 


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Pott, offensichtlich hat Kollege Siegmund noch einen Nachsatz zu seiner nicht gestellten Frage. 

(Unruhe)

Die Frage ist, ob Sie die jetzt noch beantworten wollen.


Ulrich Siegmund (AfD):

Ich habe eine Nachfrage.

(Anhaltende Unruhe - Anne-Marie Keding, CDU: Er hat doch vorhin geredet! - Tobias Rausch, AfD: Es gibt doch eine Geschäftsordnung, Frau Keding!)

- Ja, Frau Keding.

(Unruhe - Anne-Marie Keding, CDU: Zwei Minuten! - Weitere Zurufe von der CDU und von der SPD) 


Vizepräsident Wulf Gallert:

Das kläre ich gleich einmal auf. Das machen wir ganz in Ruhe. - Herr Siegmund, falls Sie noch einen Nachsatz zu Ihrer Frage haben, 


Ulrich Siegmund (AfD):

Ich habe eine Nachfrage. 


Vizepräsident Wulf Gallert:

können Sie die stellen, wenn Herr Pott sie beantworten will. - Will er, aber jetzt kurz.


Ulrich Siegmund (AfD):

Ein ganz kurzes Argument, Herr Pott. Wir brauchen nicht im Protokoll nachzugucken. Ich habe einfach nur gesagt, dass Sie auf dieses Argument nicht eingegangen sind. Ich habe Ihnen nichts in den Mund gelegt. Das ist ein ganz großer Unterschied. 

Herr Kollege Kosmehl hat soeben „Nebelkerze“ reingerufen, weil ich behauptet habe, wir bräuchten mehr Ärzte. Ich möchte Sie einmal fragen: Warum brauchen wir denn nicht mehr Ärzte, Herr Pott?


Konstantin Pott (FDP):

Das habe ich ja auch gar nicht gesagt.

(Zurufe von der AfD: Doch! - Was ist denn das? - Das haben Sie gesagt! Ja, ja!)

Wenn Sie, liebe Kollegen von der AfD, mir zugehört hätten, hätten Sie gewusst, was ich gesagt habe. 

(Zuruf: Was haben Sie denn nun gesagt?)

Es geht darum, dass wir die Ärzte von bürokratischen Hürden entlasten, 

(Zuruf: Ach so!)

dass wir digitale Konzepte haben, die funktionieren, die Ärzte entlasten,

(Unruhe)

dass wir die Anreize dafür schaffen, dass mehr gearbeitet wird.

(Zuruf: Was ist das für ein Quatsch! - Weitere Zurufe von der AfD - Unruhe) 

Das allein sind drei Punkte, auf die Sie nicht eingegangen sind. Wenn Sie sie nicht gehört haben, tut es mir leid, dann sollten Sie zum Ohrenarzt gehen.